In English
По-русски
Aus Anlass der Unterzeichnung des Nichtangriffs-
vertrages zwischen dem Deutschen Reich und der Union
der Sozialistischen Sowjetrepubliken haben die unter-
zeichneten Bevollmächtigten der beiden Teile in streng
vertraulicher Aussprache die Frage der Abgrenzung der
beiderzeitigen Interessenssphären in Osteuropa erörtet.
Diese Aussprache hat zu folgenden Ergebnis geführt:
1. Für den Fall einer territorial-politischen Um-
gestaltung in den zu den baltischen Staaten (Finnland,
Estland, Lettland, Litauen) gehörenden Gebieten bildet
die nördliche Grenze Litauens zugleich die Grenze der
Interessenssphären Deutschlands und der UdSSR. Hierbei
wird das Interesse Litauens am Wilnaer Gebiet beider-
seits anerkannt.
2. Für den Fall einer territorial-politischen
Umgestaltung der zum polnischen Staats gehörenden Gebiete
werden die Interessenssphären Deutschlands und der UdSSR
ungefähr durch die Linie der Flüsse Narew, Weichsel und
San abgegrenzt.
Die Frage, ob die beiderseitigen Interessen die
Erhaltung eines unabhängigen polnischen Staates erwünscht
erscheinen lassen und wie dieser Staat abzugrenzen wäre,
kann endgültig erst im Laufe der weiteren politischen
Entwicklung geklärt werden.
In jedem Falle werden bei beide Regierungen diese Frage
im Wege einer freundschaftlichen Verständigung lösen.
3) Hinsichlich des Südostens Europas wird von
sowjetischer Seite das Interesse an Bessarabien betont.
Von deutscher Seite wird das völlige politische Desinter-
essement an diesen Gebieten erklärt.
4) Dieses Protokoll wird von beiden Seiten streng
geheim behandelt werden.
Moskau ./. den 23. August 1939.
| Für die Deutsche Reichsregierung v. Ribbentrop |
In Vollmacht der Regierung der UdSSR W. Molotow |
The text is based on a photocopy of the original signed protocol, with parallel Russian and German texts, from the Archives of the German Foreign Office. Published in the book "Stalinin istunnot" (Stalin's Sessions), ed. A. Kautto. Saarijärvi, Finland 1982.